Nun ist es soweit: der interne Abschlussbericht zum Forschungsprojekt über den Transformationscomic mit 68 Seiten Umfang (sowie 192 Seiten Anlagen) sind beim Hauptfinancier des Projekts, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung eingereicht worden. Die Ergebnisse sollen sukzessive publiziert werden. Eine Vorab-Übersichtspublikation ist gerade online geschaltet worden, hier können Sie schon die Einleitung und die Quintessenz lesen, sowie den gesamten Artikel aufrufen:
(aus: Leinfelder, R. (2014): Das WBGU-Transformations-Gutachten als Wissenschaftscomic: Ein Kommunikationsprojekt zu alternativen Wissenstransferansätzen für komplexe Zukunftsthemen – Ergebnisübersicht.- 8 S., SciLogs – Der Anthropozäniker (Spektrum der Wissenschaft). http://www.scilogs.de/der-anthropozaeniker/trafocomicprojekt )
Das WBGU-Transformations-Gutachten als Wissenschaftscomic:
Da kein Buch, sei es Sachbuch oder Prosa nur Gefallen finden kann und
da bei grafischen Formaten die Meinungen gerne noch weiter
auseinandergehen, ist wegen der doch deutlich überwiegend positiven
Kritik und Einschätzung aller befragten, rezensierenden oder
wissenschaftlich (etwa im Rahmen von Masterarbeiten) daran arbeitenden
Personen das Projekt aus unserer Sicht als insgesamt sehr erfolgreich
anzusehen. Ein Vorbehalt gilt jedoch weiterhin. Auch insgesamt sehr
positiv einschätzende Personen, wie etwa die Studierenden der Geographie
oder die am Projektunterricht beteiligten Schüler sahen die Inhalte
zwar richtig und verständlich wiedergegeben, die Lektüre zum Denken
anregend und Mut auf Beteiligung machend. Dennoch meinten etliche dieser
Personen bei entsprechenden Fragen auch, dass Comics allgemein zu
„flach“ oder zu „unseriös“ seien, was die Geschichte der Sachcomics
sowie ihre aktuelle Vielfalt verkennt und wohl teilweise
deutschlandspezifisch ist, da Deutschland etwa im Unterschied zu den
USA, Frankreich oder Japan über eine nur mäßig ausgeprägte Comic-Kultur
verfügt. Obwohl Jüngst (2013) meint, der Transformationscomic „widerlegt sehr schön die ad nauseam wiedergekäute These, dass Comics Analphabetenliteratur seien“,
sitzt das entsprechende Vorurteil dennoch weiterhin bei vielen
weiterhin tief. Gefördert werden kann der Eindruck auch dadurch, dass
etliche sehr interessante Sachcomics, etwa zum Thema Plastikmüll in den
Ozeanen zwar künstlerisch wertvoll sind und auch konkrete hilfreiche
Problembeschreibungen liefern, jedoch hohe Anteile an fiktionalen
Elementen beinhalten, in dem sie etwa „echte“ Superheroes (z.B. Harris
& Morazzo 2013) oder fiktionale Technologien wie die eines auf
Plastik spezialisierten Magneten, welcher Plastik aus dem Meer ziehen
kann, darstellen (Klobouk 2012).
Darüber hinaus erinnern sich die meisten Leser an viele fiktionale klassische Unterhaltungscomics, in denen Wissenschaftsintegration ohne Wahrheitsanspruch verwendet wurde oder wird. Zu nennen wären hier etwa Daniel Düsentrieb aus den Donald Duck-Comics, Superman, Batman und ähnliche Superheldengeschichten, aber auch das gesamte Science-Fiction Comic Genre.
In diesem Kontext - und unterstützt durch alle erarbeiteten Ergebnisse - sind wir in Anlehnung, aber auch Modifikation der Thesen von Jüngst (2010) sowie der Kriterien zur Erstellung journalistischer Comics von Plank (2013) der mit diesem Projekt begründeten Ansicht, dass die Vermittlung komplexer, zukunftsrelevanter Wissenschaftsthemen in Verbindung mit transdisziplinären Elementen, wie Handlungsempfehlungen, darunter auch Empfehlungen zur Werteveränderung gelingen kann, wenn
Das Projektteam:
Prof. Dr. Reinhold Leinfelder (Projektleitung), Alexandra Hamann, Claudia Zea-Schmidt; die Illustratoren Jörg Hartmann, Jörg Hülsmann, Iris Ugurel, Robert Nippoldt, Christine Goppel, Astrid Nippoldt; alle WBGU-Beiräte der 5. Berufungsperiode (1.11.2008-28.2.2013); Dr. Hauke Hellwig, Anneli Rost, die Masterarbeitsautoren Susanne Knorr, Robert Koch, Robert Reile; die Referendare Nicola Leu, Steffen Sladek, sowie viele weitere Beteiligte (siehe Leinfelder 2014).
(aus: Leinfelder, R. (2014): Das WBGU-Transformations-Gutachten als Wissenschaftscomic: Ein Kommunikationsprojekt zu alternativen Wissenstransferansätzen für komplexe Zukunftsthemen – Ergebnisübersicht.- 8 S., SciLogs – Der Anthropozäniker (Spektrum der Wissenschaft). http://www.scilogs.de/der-anthropozaeniker/trafocomicprojekt )
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Das WBGU-Transformations-Gutachten als Wissenschaftscomic:
Ein Kommunikationsprojekt zu alternativen Wissenstransferansätzen für komplexe Zukunftsthemen – Die Ergebnisübersicht.
Reinhold R. Leinfelder, Berlin
Einleitung und Zielsetzung
Das
Forschungsprojekt zum Thema „Das WBGU-Transformations-Gutachten als
Wissenschaftscomic: Ein Kommunikationsprojekt zu alternativen
Wissenstransferansätzen für komplexe Zukunftsthemen“ hatte zum Ziel,
anhand der Inhalte des überaus gesellschaftsrelevanten
Transformationsgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der
Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU 2011) zum ersten Mal
ein wissenschaftliches Politikberatungsgutachten als Comic umzusetzen,
um die wesentlichen Ergebnisse einem möglichst breiten Publikum zu
kommunizieren. Um die Inhalte des Gutachtens zu authentifizieren und
Handlungsempfehlungen nachvollziehbar zu machen, setzten wir auf
umfassende Personalisierung und konzipierten den Wissenschaftscomic als
Set von graphischen Interviews, in denen die WBGU-Mitglieder zu „ihren“
Themen berichteten (Hamann et al. 2013). In einem zweiten Schritt sollte
umfassende Begleitforschung zur Rezeption und Eignung dieses Buchs als
Beispiel für alternative Wissenstransferansätze durchgeführt werden, um
damit eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung zum Potential von
Sachcomics als neues Wissenstransfermedium für komplexe Sachverhalte
bzw. Fragestellungen im Anthropozän zu ermöglichen.
.....
Die Quintessenz: Mission Accomplished?
Nicht
nur Comics allgemein, sondern auch Sachcomics im Speziellen sind ein
weites und noch nicht sehr gut erforschtes Feld, obwohl der Trend zur
(Sach-)Comicforschung zunehmend ist (vgl. Dolle-Weinkauf 1990, McCloud
1993, Versaci 2001, Alves et al. 2007, Jacobs 2007, Yang 2008, Jüngst
2010, Hangartner et al. 2013, Mahrt et al. 2013). Jüngst (2010)
empfiehlt, bei Sachthemen eindeutig erkennbare Genres einzuhalten, um
den Leser bei seiner persönlichen Comicerfahrung abzuholen und nicht zu
verwirren. Besonders komplexe Themen hält sie für nicht geeignet, um in
Form von Sachcomics behandelt zu werden. In ihrer später vorgenommenen
Bewertung des Transformationscomics hält Jüngst dieses Projekt jedoch
dennoch für überaus geglückt (Jüngst 2013). Damit revidiert die
ausgewiesene Sachcomic-Expertin in gewisser Weise ihre eigene frühere
Einschätzung, da der Transformationscomic ja ein sehr komplexes Thema
behandelt. Um diese hohe Komplexität übersichtlich zu gestalten, war es
also auch rückwirkend betrachtet sehr sinnvoll, die generelle
Gliederung des zugrundeliegenden Gutachtens zu durchbrechen und strikt
in historische Einleitung, ein Übersichtskapitel, die
Problemanalyse-Kapitel, ein Mutmacher-Kapitel, und mehrere
Lösungsansatz-Kapitel (Technologie, Globale Kooperation, Finanzierung,
Politik) sowie ein finales, gesellschaftliches Involvementkapitel klar
zu differenzieren. Einige Leser bzw. Testpersonen vermissten allerdings
comic-typischere Narrative. Auch die Personalisierung und die
Authentifizierung erscheinen geglückt, wenn auch einige wenige Befragte
dies anders sahen. Insgesamt zeigen alle Umfrageergebnisse und
Diskussionen nicht nur mit Lesern, sondern auch mit Wissenschaftlern und
Comic-Spezialisten, dass hier Meinungen und Einschätzungen doch sehr
weit divergieren können. So sind viele von den geschilderten
Arbeitsumgebungen der Protagonisten angetan, einige halten dies für eher
langweilig. Die Illustrationen und Umsetzungen der Infografiken halten
viele für sehr gelungen, einige wenige kritisieren sie. Emotionale
Zugänge sind vorhanden, etliche finden sie zu gering entwickelt, anderen
sind sie bereits zu stark und damit manipulativen Charakters. Die
meisten halten die Verkürzung der Texte auf Sprechblasen und kurze
Kastentexte für gelungen und beurteilen die Texte als sachlich, jedoch
gut verständlich. Manchen sind sie zu komplex, einigen zu langweilig.
Darüber hinaus erinnern sich die meisten Leser an viele fiktionale klassische Unterhaltungscomics, in denen Wissenschaftsintegration ohne Wahrheitsanspruch verwendet wurde oder wird. Zu nennen wären hier etwa Daniel Düsentrieb aus den Donald Duck-Comics, Superman, Batman und ähnliche Superheldengeschichten, aber auch das gesamte Science-Fiction Comic Genre.
In diesem Kontext - und unterstützt durch alle erarbeiteten Ergebnisse - sind wir in Anlehnung, aber auch Modifikation der Thesen von Jüngst (2010) sowie der Kriterien zur Erstellung journalistischer Comics von Plank (2013) der mit diesem Projekt begründeten Ansicht, dass die Vermittlung komplexer, zukunftsrelevanter Wissenschaftsthemen in Verbindung mit transdisziplinären Elementen, wie Handlungsempfehlungen, darunter auch Empfehlungen zur Werteveränderung gelingen kann, wenn
- fiktionale Elemente vermieden bzw. bestenfalls als Gimmicks oder sich eher zurücknehmende Sidekicks verwendet werden,
- die Ansprüche an Authentizität und Dokumentation ähnlich hoch wie bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen und mindestens so hoch, wenn nicht höher als bei sehr gut recherchierten klassischen Medienartikeln sind,
- die Texte dennoch leicht verständlich, jedoch nicht simplifizierend sind,
- die Illustrationen ästhetisch, aber auch leicht erkennbar, mit einer klaren Tendenz zu realitätsnahen Darstellungen gestaltet werden,
- Text und Bildsequenzen sich in geeigneten Fällen zwar komplementär verhalten können, gerade bei schwierigen Passagen sich jedoch eher gegenseitig stützend, also verstärkend verhalten sollten,
- bei komplexen Sachcomics emotionale Elemente sowohl in Wort als insbesondere auch im Bild zwar verwendet werden sollten, insgesamt jedoch eher zurückhaltend einzusetzen sind,
- der Leser nicht mit einer Situationsanalyse allein zurückgelassen wird, sondern konkrete Handlungsoptionen zumindest diskutiert werden und sich der Leser hierbei einbezogen fühlt.
Insgesamt
kann auch aufgrund unserer Untersuchungen angenommen werden, dass die
Behandlung komplexer Zukunftsthemen komplexes, vielschichtiges Lernen in
der Schule befördern, sofern ein geeignetes Medium, wie etwa ein dem
Transformationscomic entsprechender Sachcomic als Ausgangsmaterial
verwendet wird. Nach Yang (2003) und weiteren Autoren ergeben sich
gerade durch (Sach-) Comics Vorteile für die Bildung und
Wissenskommunikation. So sind Comics
- motivierend: positiver Zugang, Bildsprache ggf. tief im Menschen verwurzelt (Beispiele Trajansäule, Teppich von Bayeux, Altamira etc.)
- visualisierend: „puts a human face on a given subject“ (Versaci 2001), baut eine persönliche, emotionale Verbindung zwischen Leser und Charakteren eines Comics. Erleichtert das Lesen uvm.
- permanent: im Unterschied zu Film gibt der Leser die Geschwindigkeit des Vorankommens vor, hat Vor- und Rückschaumöglichkeiten, verordnet Zeit räumlich (McCloud 1993), „slow media“
- intermediär: vermittelt zwischen Text und Bild, zwischen verschiedenen Disziplinen und Konzepten (z.B. Versaci 2001)
- populär: überbrückt die Kluft zwischen Leben innerhalb und außerhalb der Schule (Morrison et al. 2002), erlaubt Schülern das Studium aktueller Lebensstile, Mythen und Werte (Brocka 1979)
Im
Schulunterricht geht es um den Erwerb vielfältiger Kompetenzen, wie
Kulturfähigkeiten (z.B. Schreiben, Lesen, Rechnen), Information (z.B.
Verfügungswissen, Bildungswissen), handwerklichem Können (z.B. Spielen
von Musikinstrumenten), sozialen Umgangsformen (z.B. sprachlicher
Auseinandersetzung), aber auch von gefühlsmäßigen Einstellungen,
grundsätzlichen Haltungen, Werten, Ich-Bewusstsein, Identität und
Selbstwirksamkeit. Wir postulieren, dass die Behandlung des
Transformationsthemas im Unterricht mit Hilfe des Transformationscomics
sowie der Lehrerhandreichungen (insb. bei Verwendung der
Design-Thinking-Methode, Plattner et al. 2009, Zea-Schmidt & Hamann
2013) den Erwerb multimodaler Fähigkeiten insgesamt unterstützen kann
(vgl. auch Jacobs 2007). So könnten Kulturfähigkeiten etwa durch das
Üben vom Umgang mit Visionen und Wahrscheinlichkeiten,
Informationsfähigkeiten durch Einüben von vernetztem Wissen,
handwerkliches Können durch gestalterische Fähigkeiten aus dem
Projektunterricht und soziale, emotionale und normative Fähigkeiten
durch eigene empirische Datenerfassung (z.B. in Interviews oder
partizipativen Projekten), Rollenspiele, Entwicklung von Prototypen
sowie Umsetzung von Projekten basierend auf dem Transformationscomic
entwickelt und erweitert werden.
Das Projektteam:
Prof. Dr. Reinhold Leinfelder (Projektleitung), Alexandra Hamann, Claudia Zea-Schmidt; die Illustratoren Jörg Hartmann, Jörg Hülsmann, Iris Ugurel, Robert Nippoldt, Christine Goppel, Astrid Nippoldt; alle WBGU-Beiräte der 5. Berufungsperiode (1.11.2008-28.2.2013); Dr. Hauke Hellwig, Anneli Rost, die Masterarbeitsautoren Susanne Knorr, Robert Koch, Robert Reile; die Referendare Nicola Leu, Steffen Sladek, sowie viele weitere Beteiligte (siehe Leinfelder 2014).
Das
Projekt wurde mit finanzieller Unterstützung durch das
Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Freie Universität
Berlin durchgeführt. Die Erstellung der Lehrerhandreichungen wurde durch
finanzielle Unterstützung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und
Wissenschaft des Landes Berlins ermöglicht.
© R. Leinfelder 2014
Den ganzen Artikel lesen (incl. der Kapitel Disseminationswege, Forschungsmethodik, Zusammenfassung der Ergebnisse und Empfehlungen, Literaturverzeichnis sowie 6 Abbildungen):
>> als pdf-Version
>> mehr zum Projekt auf der Forschungsprojektseite dieser Webseite.
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>> mehr zum Projekt auf der Forschungsprojektseite dieser Webseite.